Besonders wegen ihrer Illustrationen, die Perspektive und atmosphärische Wirkung auszeichnen, gilt diese Chronik aus dem 16. Jahrhundert als Meilenstein der Schweizer Chronistik. Der Stadtschreiber Schodoler übernahm den Großteil des Textes kritisch aus bestehenden Chroniken.
Ein Standardwerk Der Schweizer Geschichte
Meilenstein der Schweizer Chronistik
Die Eidgenössische Chronik des Wernher Schodoler zählt zu den bedeutendsten Schweizer Bilderchroniken. Sie besteht aus drei Bänden und gilt besonders wegen ihrer Illustrationen als ein wichtiges Dokument jener Zeit, die der Schlacht bei Marignano vorausgegangen ist.
Während bis dahin die großen Bilderchroniken noch mittelalterlicher Tradition verpflichtet gewesen waren, öffnete die Chronik des Schodoler die Tür zu einer neuen Zeit: der Renaissance. Jeder der drei Bände ging aus bisher unbekannten Gründen eigene Wege. Erst durch die Faksimilierung konnte das Gesamtwerk wieder vereint werden.
Der Chronist – Wernher Schodoler
Wernher Schodoler wurde 1490 in Bremgarten, der Stadt an der Reuss, geboren, wo seine Vorfahren bereits seit Jahrhunderten ansässig waren. Der Chronist selbst und seine Familie zählten zu den angesehensten Bürgern der Stadt. Sein Großvater und sein Vater hatten als Schultheißen dem städtischen Gemeinwesen vorgestanden.
Im ersten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts war Schodoler als Kanzleigehilfe in Bern tätig, wo er Einblick sowohl in die Politik dieses führenden eidgenössischen Ortes als auch in die berühmten dort aufbewahrten Chroniken gewann. In seine Heimatstadt zurückgekehrt, stieg Schodoler schnell die Karriereleiter empor. Bis zu seinem tragischen Tod an der Pest 1541 hatte er die höchsten Ämter in Bremgarten inne.
Bis heute ist nicht bekannt, was den vielbeschäftigten Stadtschreiber, der überdies an mehreren Kriegszügen teilgenommen hatte, dazu bewog, aus eigener Initiative eine umfangreiche Chronik zu schreiben. Es ist die einzige Chronik, die aus einem Untertanengebiet stammt. Schon deshalb ist sie von gehobener Bedeutung.
Rezeption bewegter Geschichte
Schodoler hat den größten Teil seines Werks aus anderen zeitgenössischen Chroniken, darunter der offiziellen Berner Chronik des Diebold Schilling, übernommen.
Doch hat er den Text kritisch verwertet, indem er Geschehnisse anders kommentierte, Textpartien, die ihm nicht ins Bild passten, wegließ oder seinem Urteil gemäß ergänzte. Er hatte nicht nur eine eigene Meinung, sondern auch den Mut, sie zu äußern.
Auch eigene Texte enthält die Chronik; manche davon sind berühmt geworden, wie etwa die Schilderung der Schlacht bei Marignano, an der Schodoler selbst teilgenommen hatte. Text und Bilder befassen sich nicht nur mit Staatsaktionen und Kriegszügen, sie befassen sich auch mit dem Alltag. Darum ist die Chronik eine wichtige und erschöpfende Quelle für jeden historisch Interessierten.
Die drei Bände
Der erste Band erzählt die Geschichte der Eidgenossenschaft bis zum Konzil von Konstanz (1415). Der Text ist in gotischer Kurrentschrift geschrieben. Zwar wurden die ursprünglich vorgesehenen Illustrationen, für die im Text der entsprechende Platz ausgespart ist, nie eingefügt, jedoch beginnen alle neuen Abschnitte mit farbigen Initialen und sind mit Rankenwerk geschmückt.
Der zweite Band enthält hauptsächlich die Geschichte des Alten Zürichkrieges. Bis auf wenige selbstverfasste Absätze stützt er sich vornehmlich auf Etterlin, den Berner Schilling und die Chronik der Stadt Zürich. Der Band ist mit 130 kolorierten Federzeichnungen sowie farbigen und goldenen Initialen geschmückt. Drei Zeichner haben ihn illustriert, von denen einer vermutlich Schodoler selbst war. Die Bilder dieses Bandes zeichnen sich durch eine überraschend atmosphärische Wirkung aus. Das mittelalterliche Weltbild der älteren Schweizer Bilderchroniken hat einem neuen Raum- und Lebensgefühl Platz gemacht. Der Künstler beobachtete scharf, und er vermochte seine Beobachtungen zu einer überzeugenden Bildkomposition zusammenzufassen.
Der dritte Band, ebenfalls in Leder gebunden, beschreibt die Ereignisse aus dem Mühlhauserkrieg, dem Burgunderkrieg, dem Schwabenkrieg und den italienischen Feldzügen. Auch hier basiert Schodolers Werk auf der Berner Chronik des Diebold Schilling und auf Etterlin. Der dritte Band enthält 196 Federzeichnungen in Sepia, die von der Hand eines unbekannten Künstlers stammen. Dieser wächst in der Komposition über die früheren Chronikillustratoren hinaus. Die Landschaftsperspektive – und dies ist neu – hat Weite und Tiefe. Zudem spricht aus den Gebärden der dargestellten Menschen bereits das Körpergefühl der Renaissance. Die bildliche Aussage der Chronik des Wernher Schodoler gilt als charakteristisches Dokument der Zeit und als Zeugnis eines damals in so eigenartiger Weise verwirklichten Menschentypus, der Krieger und Künstler in sich vereinigte.
Die Faksimile-Edition
Die Bände zwei und drei der Chronik wurden im Format von 39,5 x 29,5 cm faksimiliert. Die Auflage ist auf 980 numerierte Exemplare limitiert. Beide Bände umfassen zusammen 1048 Seiten mit insgesamt 325 Illustrationen. Bei Band 1 wurde auf eine Faksimilierung verzichtet, da dieser trotz des ausgesparten Platzes keine Illustrationen aufweist. Beide Einbände sind aus Schweinsleder in feinster Ausführung gefertigt und mit Blindprägungen sowie Beschlägen und Buchschließen aus Messing geschmückt.
Das Kapitalband wurde von Hand umstochen, und alle Doppelblätter wurden von Hand geheftet.
Der Kommentarband
Obwohl der erste Band der Chronik nicht faksimiliert wurde, wurde auch dessen Text wie derjenige der beiden anderen Bände transkribiert, so dass erstmals eine vollständige Edition des Gesamtwerks vorliegt. Zusätzlich beinhaltet der Kommentarband auch die zwei ausgeführten Bild- und zwei Initialseiten aus dem ersten Band. Ein Team von anerkannten Experten untersuchte die Handschrift aus allen Blickwinkeln, um einen Einblick in die Welt des Wernher Schodoler zu geben.
Auf 412 Seiten widmen sich folgende Wissenschaftler den gestellten Aufgaben: Prof. Dr. Pascal Ladner, Dr. Walter Benz, Dr. Eugen Bürgisser, Dr. Cäsar Menz, Dr. Franz Bächtiger und Prof. Dr. Eduard Studer.